Heidi-on-tour
18.04.2020 Urlaub
Neues vom Krisenstab meines Arbeitgebers: alle Mitarbeiter sollen bis 30. Juni freiwillig 40% ihres Urlaubes abgebaut haben und 80% sollen beantragt sein. Der Krisenstab glaubt, wenn die Mitarbeiter diesen guten Willen zeigen, dann können Betriebsferien, Kurzarbeit, Überstundenabbau oder gar Gehaltskürzungen vermieden werden. Sollten wir keinen guten Willen zeigen, muss die Bank leider doch weiterführende Maßnahmen ergreifen. Hm… kann mir jemand helfen? Ich verstehe unter Freiwilligkeit etwas anderes. Außerdem möchte der Krisenstab mit dieser „freiwilligen“ Urlaubsplanung vermeiden, dass in der wirtschaftlich enorm wichtigen Erholungsphase nach Lockerung der Corona-Maßnahmen zu viele gleichzeitig wegen Urlaub abwesend sind. Huch… ist die Belegschaft etwa rücksichtslos?
Was sagt das Arbeitsamt zu Urlaub und Kurzarbeit? Bitte hier lang.
Urlaubsabbau, freiwillig oder nicht (das Arbeitsamt nennt es „individuell“), ist und bleibt also eine Voraussetzung für Kurzarbeit. In der täglichen Telko haben wir unsere Führungskräfte dazu befragt. Dieses Thema dürfe nicht besprochen werden und man solle bedenken wir seien abhängig beschäftigt. Wie bitte… Diese Aussagen erlauben meinen Synapsen nur unangenehme Interpretationen.
Möglicherweise gibt es im Sommer oder Herbst, laut Einschätzung der Wissenschaft, keine Erholungsphase sondern eine zweite Infektionswelle. Und dann, so denke ich, könnte Kurzarbeit sowieso eine Maßnahme unseres Arbeitgebers sein, egal wie kooperativ wir uns jetzt benehmen. Aber warum kommuniziert er das nicht offen? Bin ich zu misstrauisch? Am liebsten beantworte ich diese Frage mit ja! Denn ich möchte mit Kurzarbeit und Misstrauen nicht recht haben.
In meiner Abteilung sieht die Umsetzung der Idee des Krisenstabes nun so aus: in den nächsten Tagen und Wochen werden wir viele dringende Anträge bearbeiten müssen. Es versteht sich von selbst, der zeitliche Servicelevel soll trotz Corona eingehalten werden. Aber die hauseigenen Bausachverständigen können das nicht tun, die sind nämlich in Urlaub. Wir hätten das gerne rücksichtsvoller gestaltet. Aber wir wurden nicht gefragt. Wer ist eigentlich dieser Krisenstab?
Ja, ja… man spürt das deutlich… ich muss noch begreifen, dass unsere Führungseliten, auch außerhalb der LBBW, niemals Verantwortung mit Macht verwechseln. Sie setzten ihre Macht verantwortungsvoll ein. Sie wissen wohl was wir brauchen und handeln entsprechend. Ein Blick in andere Länder zeigt, in good old Germany lebt es sich momentan trotz Corona recht gut. Jedenfalls sind viele Leute dieser Meinung. Vielleicht brauchen wir bei einer solchen Führungselite gar keine Demokratie.
Vertrauen haben, fühlt sich grundsätzlich schöner an als Misstrauen. Und wie man mit großen Enttäuschungen umgeht, konnte ich in den letzten 40 Jahren mehrfach üben. Also blicke ich nicht hoffnungsvoll aber gewappnet in die Zukunft.